03 dicembre 2006

Piet Tommissen: Carl Schmitt metajuristisch betrachtet

Versione 1.2
Status: 3-4-09

Si tratta di un saggio che Piet Tommissen (n. 1925) pubblicò nel 1975 sul numero 30 di Criticón e che io tradussi contemporaneamente in italiano sulla rivista “Storia e politica”. Come forma di omaggio a Tommissen ripubblico ora nel mio blog “Carl Schmitt Studien” quel saggio del 1975, corredandolo di tutta l’iconografia che mi sarà possibile trovare ed aggiornando i dati con i links che riesco a trovare in varie lingue. In un’altro post è disponibile
la mia traduzione del 1975, se del caso ora rivista. Questo saggio di Tommissen si collega idealmente con l’altro di Hugo Ball, scritto proprio negli anni venti e che è da me qui riproposto in tedesco ed in traduzione italiana, sempre usando le possibilità di ricerca offerte da Internet. Si tratta di un periodo della storia tedesca ed europea che con questo saggio retrospettivo di Tommissen tento di ricostruire in una serie documentale e iconografica. Gli anni Venti in Germania furono quelli in cui maturò il pensiero di Carl Schmitt ed è da questo periodo che bisogna partire per ogni serio discorso su Carl Schmitt. Pertanto, non mi stancherò di scavare in questo periodo, da cui fatalmente ci separa il fluire degli anni e la lontananza dello spazio in cui si svolsero gli eventi. Sarà gradita ogni collaborazione nel senso sopra indicato.

CARL SCHMITT METAJURISTISCH BETRACHTET
Seine Sonderstellung im katholischen Renouveau des Deutschlands der Zwanziger Jahre

Von PIET TOMMISSEN

I.
Das Katholische Renouveau im Deutschland des Zwanziger Jahre

Kenner betrachten das Jahr 1918 noch immer als ein »annus mirabilis« in der Geschichte des deutschen Katholizismus. Der katholische Volksteil verließ fast von heute auf morgen die geistige Diaspora, in die er im Laufe des 19. Jahrhunderts verschlagen worden war. Junge Intellektuelle katholischer Observanz streiften ihren Minderwertigkeitskomplex ab; die ältere Generation erklärte sich bereit, mit Andersdenkenden zusammenzuarbeiten und Verantwortung zu übernehmen; katholische Forscher, Denker und Dichter wurden plötzlich von den Gegnern von gestern ernst genommen, d. h. gelesen und für diskussionswürdig befunden. Daß der Katholizismus nicht länger als rückschrittlich eingeschätzt wurde, geht beispielsweise aus dem Faktum hervor, daß DIE TAT, die gediegene Zeitschrift des bekannten Verlegers Eugen Diederichs (1867—1930) mit dem paradigmatischen Untertitel „Monatsschrift für die Zukunft deutscher Kultur” (damals noch nicht die spätere Ideenfabrik des rechten Kreises um Hans Zehrer (1889-1966) (1) im April 1921, im April 1922 und im April 1923 je ein katholisches Sonderheft herausgab (2). Im dritten dieser Hefte schrieb der Soziologe Ernst Michel (1889-1964) ein an die Katholiken Deutschlands adressiertes Schlußwort unter dem Titel „Extra ecclesiam nulla salus“ — also jenem erstmals vom hl. Cyprian (200—258) verwendete Diktum mit jansenistem Beigeschmack:
„…Denn wir haben nicht das Recht — gerade als Katholiken nicht — eine chinesische Mauer um uns zu ziehen” (3).
Dieser Satz entspricht in jeder Hinsicht dem Geist eines sich mit Wucht und Schneid durchsetzenden neuen Lebensgefühls, eines aufgeklärten sentimiento de la vida im Sinne des bedeutenden Spaniers Miguel de Unamuno (1864—1936).

Was war geschehen? Es ist außerordentlich schwierig, sich im Knäuel der vielen interdependenten Kräfte und Einflüsse, die in diesem Besinnungs- und zugleich Emanzipationsprozesses eine Rolle gespielt haben, zurechtzufinden. Freilich trugen auch äußere Faktoren zum Renouveau bei. Dem ersten Weltkrieg im allgemeinen und dem Kriegserlebnis im besonderen gelang es, Menschen und Überzeugungen bis zu einem gewissen Grade umzuformen; nicht ohne Grund wurde die Schrift „Der Krieg als inneres Erlebnis“ (1922) des hochdekorierten Frontoffiziers Ernst Jünger (1895-1998) von den Veteranen viel gelesen. Andererseits förderte auch das katastrophale Ende des Weltkrieges das Zustandekommen und die rasche Verbreitung einer neuen katholischen Mentalität. Meines Erachtens sollte man hier drei Elemente trennen: Die Tatsache, daß die politischen Kräfteverhältnisse einem Wandel unterzogen waren, die Tatsache, daß fortan mit der Weimarer Verfassung gerechnet werden mußte, und die Tatsache, daß ungezählte Deutsche die Abmachungen von Versailles als ein Diktat empfanden. Zum ersten Punkt genügt es, darauf hinzuweisen, daß zwischen dem Sturz des Kaiserreiches und der nationalsozialistischen Machtübernahme (1933) insgesamt 33 Regierungen am Ruder gewesen sind, und zwar immer wieder mit der Hilfe des Zentrums. Zum zweiten Punkt ist zu sagen, daß die Verfassung vom 11. August 1919, das Endergebnis der Anstrengungen des Juristen Hugo Preuss (1860-1925), im Art. 109 die Gleichheit aller Deutschen vor dem Gesetz bestätigte, sodaß die Katholiken künftighin gleichberechtigt waren. Und zum dritten Punkt ist der Standpunkt des Konvertiten Theodor Haecker (1879-1945 ) repräsentativ. Im BRENNER, der intelligenten Zeitschrift Ludwig von Fickers (1880-1967) (4), schrieb er über „die Gotteslästerung von Versailles”, nannte den Völkerbund eine „Spottgeburt aus Wilsongift und gallischem Dreck”, und war der Überzeugung, der in der aktiven Flüchtlingshilfe tätige Frithjof Nansen (1861-1930) sei im Auge Gottes wohlgefälliger als der belgische Kardinal Desire Joseph Mercier (1851-1926) (5),
«der so ausgezeichnet, wie durch ein Teleskop, die Splitter in seines Nächsten Auge als Balken sieht, und den Balken, wie durch das umgekehrte Ende, im eigenen „lateinischen” nicht, ja nicht einmal entdeckt» (6).
Dennoch wäre dies alles ohne Wirkung geblieben, hätten sich nicht weitere Faktoren geltend gemacht. Erstens zeitigte die vom Rheinhessen Karl Muth (1867-1944) und den HOCHLAND-Mitarbeitern seit 1903 geleistete Vorarbeit für eine kulturelle Öffnung des Katholizismus zweifelsohne Früchte. Zweitens gab es Max Scheler (1874-1928), von dem die Kollegen Peter Wüst (1884-1940) und Dietrich von Hildebrand (1889-1977) bezeugt haben, daß er in den Jahren der Entscheidung 1916—21 viele junge Intellektuelle gefesselt und beeinflußt hat. Drittens blieben die Art. 135 und 137 der Weimarer Verfassung nicht ohne Folgen. Art. 137 besagte expressis verbis, daß im Deutschen Reich keine Staatskirche bestand, sodaß der „summus episcopus“-Vergangenheit des deutschen Protestantismus ein jähes Ende bereitet wurde. Andererseits garantierte Art. 135 allen Bewohnern des Reiches volle Glaubens- und Gewissensfreiheit und hatte automatisch die Rückkehr exilierter und emigrierter Orden zur Folge Zwischen 1913 und 1926 nahm die Anzahl der Männerklöster von 373 auf 559 und die Anzahl der männlicher Ordensangehörigen von 6430 auf 10458 zu (7). Kein Wunder, daß nach 1918 manches verborgene Talent aktivierl wurde, obzwar es verfehlt wäre, hieraus das Entstehen einer katholischen Elite herleiten zu wollen, wie es gelegentlich versucht worden ist. Höchstens könnte man von einer quantitativ ziemlich bedeutenden, qualitativ glänzenden Piejade vielverheißender junger Kräfte sprechen.

In der neuen Lage verfügten die Katholiken über solide Zeitschriften, die sich bald der Mitarbeit Andersdenkender erfreuten. Die liturgische Bewegung, die unter dem Impuls des Abtes der Benediktinerabtei Maria Laach Ildefons Herwegen (1874-1946) ab Ostern 1918 mit der Schriftenreihe ECCLESIAM ORANS startete, fand bald außerhalb der Reichsgrenzen starke Beachtung (8). Auch die Jugendbewegung darf hier nicht unerwähnt bleiben. Der aus einem Äbstinentenbund hervorgegangene QUICKBORN tagte 1919 erstmals auf der Burg Rothenfels; Romano Guardini (1885-1968) war der geistliche Mentor und DIE SCHILDGENOSSEN galten als die ideologische Tribüne. Bedeutende Theologen — Erich Przywara s. J. (1889-1972), Karl Adam (1876-1966) und Carl Eschweiler (1886-1936) — machten viel von sich reden; die Veröffentlichungen von Carl Sonnenschein (1876-1929) und Peter Lippert (1879-1936) fanden willige Abnehmer, während die Bücher eines Friedrich Muckermann (1883-1946) vorzugsweise in intellektuellen Kreisen gelesen wurden. Einer besonderen Erwähnung bedarf die sich in katholischen Kreisen verbreitende Reichsideologie, wobei — Klaus Breuning (* 1927) hat es richtig akzentuiert (9) — eine gewisse österreichische Nostalgie als Sauerteig gewirkt haben mag. Hohe Würdenträger salbten Ressentiments und trugen auf diese Weise zur Reintegrierung des katholischen Teils im Volkskörper bei; der Münchner Kardinal Michael von Faulhaber (1869-1952) brandmarkte auf dem Katholikentag 1922, ungeachtet des Zentrums-Protestes, die Revolution von 1918 als meineidig und hochverräterisch, und mit dem Kainszeichen behaftet…

II.
Die Sonderstellung Carl Schmitts

Daß er einerseits als Apologet der römischen Kirche auftrat und andererseits scharfsinnig über politische Theologie schrieb, gab Carl Schmitt (1888-1985) in der Geschichte des katholischen Renouveau Deutschlands eine Sonderstellung. Bevor wir uns jedoch dieser Doppelleistung zuwenden, empfiehlt es sich, einige Aspekte der Persönlichkeit des Gelehrten genauer zu betrachten. Vorerst müssen wir uns vergegenwärtigen, daß die deutschen Katholiken, die sich vor der Jahrhundertwende in der Defensive befunden hatten und jene, die sich nach dem verlorenen Krieg zur Offensive anschickten, ein grundverschiedenes Verhältnis zum Phänomen der Säkularisation besaßen. Die Vorkriegskatholiken legten andauernde Verwahrung gegen den arroganten Optimismus derjenigen ein, die, wie es Albrecht Erich Günther (1893—1942), ein Sohn der Autorin Agnes Günther (1863—1921), sehr hübsch, gesagt hat, für “die produktive Säkularisation” gewonnen waren (10), z. B. die Monisten vom Schlage eines Ernst Haeckel (1834—1919). Nach Kriegsende sah es schnell anders aus. Jetzt mußten die „Vorkämpfer der Säkularisation”, einzelne Popularisatoren ausgenommen, den „Beobachtern der Säkularisation” Platz machen (11); letztere Gruppe spürte, daß die Evolution schon dermaßen weit fortgeschritten war, daß sie nur noch als historisches Faktum hingenommen werden konnte. Zu dieser neuen Einschätzung der Lage bekannten sich Biologen wie Jakob von Uexküll (1864—1944) mit seiner Umweltlehre, Philologen wie Hans Bogner (1895—1948), philosophisch interessierte Autoren wie Erwin Guido Kolbenheyer (1878—1962) und auch Juristen wie Carl Schmitt. Im Falle Schmitts trifft also ein Satz zu, den Georg Friedrich Hegel (1770—1831) in der Vorrede zu seinen Grundlinien der Philosophie des Rechts (1821) geprägt hat: “Was das Individuum betrifft, so ist ohnehin jedes ein Sohn seiner Zeit”.

Sehr auffällig ist beim Gelehrten die Existenz eines ästhetischen Pols. Er war bzw. ist befreundet mit Malern wie Werner Gilles (1894-1961), Werner Heldt (1904-1954), Ernst Wilhelm Nay (1902-1968); mit Poeten wie Theodor Däubler (1876-1934), Konrad Weiss (1880-1940), Hugo Ball (1886-1927); mit Essayisten wie Franz Blei (1871-1942); mit Autoren wie Ivo Andric (1892-1975), Robert Musil (1880-1942), Ernst Jünger (12). In Zusammenarbeit mit seinem Freunde Fritz Eisler (? —1914) hat er als junger Mensch einen Band avantgardistischer Parodien (“Schattenrisse”, 1913) veröffentlicht. Mit Recht gilt er als Kenner des Werkes des Amerikaners Herman Melville (1819—1891) und des Oeuvres der großen, mittelgroßen und kleinen Herolde der Romantik. Seine Deutung der Hamletfigur harrt noch der Aufnahme durch fachkundigen Anglisten. Eingestandenermaßen waren seine Begriffe für Walter Benjamin (1892—1940) wichtig bei der Abfassung des großartigen Buches über den Ursprung des deutschen Trauerspiels (1928) (13). Angesichts dieser und weiterer Belege nimmt es nicht wunder, daß der Jurist Peter Schneider (*1920) feststellen konnte, daß es Schmitt immer wieder gelingt „dem dürren Boden der Jurisprudenz ästhetischen Reiz abzugewinnen, obgleich er die Gebote der Fachlichkeit nicht übertritt” (14).

Nicht weniger bedeutsam ist das ununterbrochene Interesse Schmitts für Donoso Cortes (1809—1853) und für Thomas Hobbes (1588—1679). Von Sachverständigen ist zugegeben worden, daß Cortes in Deutschland nur dank der Bemühungen unseres Gelehrten bekannt wurde. Es handelt sich konkret um ein in dem von Melchior Palyi (1892—1970) besorgten „liber amicorum” Max Webers (1864—1920) publizierte Studie (1922), sowie um zwei weitere Beiträge für Muth (15). Bekanntlich hat Cortes, dessen Beitrag zur Entstehung des umstrittenen „Syllabus errorum” (1864) des Papstes Pius IX. (Giovanni Maria Conte Mastai-Ferretti, 1792—1878) oft unberücksichtigt bleibt, seinen ideologischen Gegnern mit grandseigneuraler Gebärde den Handschuh hingeworfen:
De donde sacais que los hombres son solidarios entre si, hermanos, iguales y libres?” (16).
Die liberale Bourgeoisie nannte er mißachtend „una clase discutidora”. Jedenfalls vermochten die vielen schneidigen Attacken dieses Ritters ohne Furcht und Tadel Schmitt nicht nur zu fesseln, sondern sie trugen in nicht unerheblichem Maße zur Kristallisation seiner eigenen Positionen bei. Otto Koellreutter

(segue)

VII.
Bemerkungen

(1) Kurt SONTHEIMER (1928-2005): Der Tatkreis (in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 7. Jahrg. Heft 3, Juli 1959, S. 229-260). Anderer Meinung war allerdings Wilhelm RÖPKE (1899-1966): Explication de l'Allemagne (Genf: A l'Enseigne du Cheval Aile, 1945, 318 S., Nr. 7 in der Reihe „Le livre vert"), Seiten 89-91.

(2) Mehrere Beiträge dieser Hefte sind hinterher zu einem Buch zusammengefaßt worden; vgl. Ernst MICHEL (Hrg.): Kirche und Wirklichkeit. Ein katholisches Zeitbuch (Jena: Diederichs, 1923, VII + 298 S.). Dazu die kritische Stellungnahme von Alois DEMPF (1891-1982): Die Kirche und die christliche Persönlichkeit (in: Hochland, 21. Jahrg., Heft 3, Dez. 1923, S. 305-309).

Nessun commento:

Posta un commento